Nachhaltigkeit: Unternehmen sind weiter als Verbraucher

Klimaneutralität ist in aller Munde. Doch eine aktuelle Annalect-Studie zeigt: Entsprechende Angebote werden zwar gefordert – aber bei der Entscheidung spielt Nachhaltigkeit eine untergeordnete Rolle. 

Annalect Insights Research, die Forschungsunit der Omnicom Media Group Germany, hat im Rahmen einer Studie* erforscht, welche Bedeutung Unternehmen den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz bei ihren Marketingaktivitäten einräumen und wie dies auf Verbraucherseite aufgenommen wird. Hierzu wurden auf Unternehmensseite in den Jahren 2021 und 2022 Entscheider:innen aus den Bereichen Media, Marketing und Werbung befragt. Die Insights zur Verbraucherseite basieren ebenfalls auf Befragungen in Online-Access-Panels (2021, 2022) und qualitativen Tiefeninterviews (18.7.-29.7.2022).  

Marketeers mit hohen Erwartungen an Medien und Mediaagenturen 

Unternehmen haben verschiedene Hebel, Klimaneutralität zu forcieren: Bei der Konzeption und Herstellung der eigenen Produkte, beim Vertrieb, bei der Auswahl von klimaneutralen Kommunikationsmitteln und schließlich im Rahmen der konkreten Kundenansprache.  

Nachhaltigkeit gewinnt bei den befragten Unternehmen an Relevanz: Stuften in 2021 noch 54 Prozent der Entscheider:innen das Thema als (sehr) wichtig ein, waren es in 2022 bereits 62 Prozent. In knapp zwei Drittel (65%) der Unternehmen, für die im Jahr 2022 Nachhaltigkeit ein Thema ist, wird sie auch aktiv im Bereich Werbung/Marketing gelebt – vorwiegend in Kundengesprächen und als Thema in der externen Kommunikation.  

Aber Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Talking Point in der Endkundenansprache, auch auf die Klimaneutralität der Werbung selbst legen immer mehr Unternehmen wert: Für 68 Prozent der in 2022 befragten Unternehmen ist der Einsatz von klimaneutraler Werbung (sehr) wichtig (2021: 61%). Klimaneutralität wird aktuell zu 33 Prozent bei Media-Entscheidungen berücksichtigt, zukünftig wird ein Anstieg auf knapp die Hälfte (49%) erwartet. 69 Prozent nehmen klimaneutrales Marketing als Business Opportunity wahr. 

Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die Werbebranche: Vier von fünf Werbungtreibenden erwarten von Medien und Mediaagenturen, dass sie sich mit dem Thema auseinandersetzen und klimaneutral aufstellen. 

Auf Verbraucherseite stagniert die Relevanz von Nachhaltigkeit 

Während die Mehrheit der Unternehmen dem Thema Nachhaltigkeit positiv gegenübersteht, den Weg zu mehr Klimaneutralität eingeschlagen hat und dies auch von den Marktpartnern erwartet, sind die Verbraucher verhaltener. Zwar hat mehr als die Hälfte (54%) Angst, dass Umweltkatastrophen zunehmen – rund ein Drittel (35%) fühlen sich aber alleingelassen und wünschen sich mehr Orientierung von Seiten der Politik.   

Die Zahlen zeigen: Das Thema Nachhaltigkeit ist für den Großteil der Konsument:innen wichtig. Allerdings erfährt es in der Bedeutung keinen signifikanten Zuwachs (mehr), den Anteil derjenigen, die motiviert sind, etwas zu ändern, sinkt zulasten der scheinbar Unbeteiligten und der vom Thema „Genervten“.  
 


Auch das nachhaltige Handeln an sich stagniert. Zwar agieren 58 Prozent der Befragten bewusst nachhaltig, weitere 31 Prozent fangen laut eigener Aussage an, sich zu ändern. 41 Prozent der Befragten geben an, schon öfter ein Produkt gekauft zu haben, weil es nachhaltig ist, 35 Prozent haben dies bislang eher selten getan. Immerhin würden 92 Prozent dieser Käufer:innen das nachhaltige Produkt erneut kaufen. Die Bereitschaft, für nachhaltige Produkte mehr auszugeben, ist aber begrenzt – wenn Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung mit anderen Kriterien konkurriert, dann ist dieser Aspekt nachrangig. 

So sehr sich viele Verbraucher persönlich überfordert sehen, so sehr begrüßen sie auch, wenn Andere die Entscheidungen treffen: Drei Viertel der im Jahr 2022 Befragten finden es richtig, wenn sich auch Medien darum bemühen, klimaneutral zu werden (2021: 63%). An die Werbung werden nicht ganz so hohe Ansprüche gestellt, ein Drittel der Befragten (33%) hält es sogar für übertrieben, nachhaltig zu werben. Nur 10 Prozent der Befragten fallen spontan Unternehmen ein, die Nachhaltigkeit in der Werbung thematisieren. 

Den Unternehmen gelingt es nur eingeschränkt, ihre Bemühungen um Klimaneutralität an Verbraucher:innen zu kommunizieren

Fragt man nach den Kriterien, die Werbung mit Nachhaltigkeitsaspekten glaubwürdig erscheinen lassen, dann steht an erster Stelle die genaue Erklärung, warum ein Produkt nachhaltig ist (64%), gefolgt von unabhängigen Quellen bzw. Informationen zur Nachprüfbarkeit (63%).   

Dass die Werbung selbst auch nachhaltig sein kann, davon haben 2022 immerhin schon einmal 28 Prozent gehört – aber nur einem Prozent der Befragten ist bislang aufgefallen, dass Unternehmen auf die Klimaneutralität einer Kampagne hingewiesen haben. 

Bei den von Annalect befragten Unternehmen gewinnt das Thema Nachhaltigkeit deutlich an Relevanz, entsprechende Bemühungen werden auch von Medien und Agenturen erwartet. Bei der konkreten Media-Entscheidung spielt Nachhaltigkeit aber bislang eher eine untergeordnete Rolle. Für den Großteil der Konsument:innen ist das Thema ebenfalls wichtig – allerdings erfährt es in der Bedeutung zuletzt keinen signifikanten Zuwachs. Auch nachhaltiges Handeln an sich stagniert. Verbraucher:innen sind dennoch aufgeschlossen für Werbung, die mit Nachhaltigkeitsaspekten wirbt – verlangen aber Transparenz. 

 

*Annalect Green Media Insights Kit. B2B-Insights: Telefonische Befragung von n=202 (2021) und n=201 (2022) Entscheider:innen in den Bereichen Media, Marketing oder Werbung mit Werbeausgaben > 100k€/Jahr. B2C-Insights: Befragt wurden Erwachsene zwischen 18 und 59 Jahren in qualitativen Tiefeninterviews (n=12 in 2022), sowie in einem Online-Access-Panel mit n=1.050 (2021) und n=1.018 (2022) Teilnehmenden. 

 

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