Fiction bei RTL Deutschland: Was steht alles an?

Zur Berlinale gibt RTL-Fiction-Chef Hauke Bartel im SPOT-Interview einen Überblick über Krimis, Kobolde und Kooperationen.

Auszüge aus dem Interview vom 13. Februar 2025

Das komplette Interview von Michael Müller können Sie hier lesen.
 

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Sie werden auf der Berlinale auf dem EFM einen ersten Einblick in die deutsche „Euphoria“-Adaption „Euphorie“ zeigen. Was dürfen die Zuschauer erwarten?
Hauke Bartel: Tatsächlich ist die Neugier auf die Serie riesig und die Erwartungshaltung groß. Als wir die Adaptionsrechte an der israelischen Originalserie mit der Zeitsprung erworben haben, war uns klar, dass wir einen eigenständigen Erzählansatz finden wollen, der aber die gleiche Radikalität und Kompromisslosigkeit beim Blick in die „Seele“ der deutschen Jugend mitbringt, auch was die Themen Drogen, psychische Gesundheit und Sexualität angeht. Und ich glaube man kann sagen: So hat man Young Adult in Deutschland noch nicht gesehen. …
Euphorie/Hagen EUPHORIE: ©RTL / Zeitsprung / Nirén Mahajan; HAGEN: © Constantin Film
Zu weiteren verheißungsvollen kommenden Fiction-Projekten bei RTL Deutschland zählt zum Beispiel auch der Kinofilm „Hagen“, der bei RTL+ als Serie zu sehen sein wird. Gibt es da schon Neuigkeiten zum aktuellen Stand?
Hauke Bartel: Wir konnten aus dem Kino-Release tatsächlich eine Menge lernen. Es gab sehr gutes Feedback zu den spektakulären Bildern, der erzählerischen Wucht und dem „Worldbuilding“ aus „Hagen“, aber vieles ist im Kinofilm auch schlicht zu kurz gekommen. Der Titel war eventuell zu sehr ein Insider für die ausgemachten Sagen-Kenner, weshalb wir uns für die Serie für „Die Nibelungen: Kampf der Königreiche“ entschieden haben. Damit weiß man klar, was man bekommt. Die Nibelungen sind für die Deutschen nicht umsonst der größte Mythos im eigenen Kulturkreis.
Bei den kommenden neuen Krimi-Formaten ist Ihnen ein Coup gelungen, dass Sie mit Holger Karsten Schmidt nicht nur einen der erfolgreichsten, sondern auch besten Drehbuchschreiber für „Morden auf Öd“ gewinnen konnten. Sind Sie mit Qualität und Quantität der Formate zufrieden?
Hauke Bartel: Wir entwickeln den Dienstag-Sendeplatz kontinuierlich weiter. Wir haben auch in diesem Jahr eine Mischung aus bekannten Ermittlern wie Hendrik Duryn bei „Dünentod“ oder Antoine Monot bei „Behringer“ und neuen Ermittlungsteams wie Veronica Ferres, Salka Weber und Tim Oliver Schultz bei „Alpentod“ und das schon angesprochene „Morden auf Öd“. Wir setzen auf unterschiedliche Partner und Gesichter, gerne auch auf eine Zusammensetzung aus Schauspielern, die unser Publikum bereits kennt und noch unbekannten Darstellern. …
ALPENTOD: © RTL / Walter Wehner; DÜNENTOD: © RTL / Gordon Muehle
Neue Kooperationen bringen etwa von ZDF Studios „Wilsberg“ und von Amazon MGM Studios „Die Therapie“ zu RTL+. Hilft dieses noch vielfältigere Fiction-Umfeld Ihren Originals?
Hauke Bartel: Es ist Teil unserer Strategie, dass wir durch die Kooperationen noch stärker hinterlegen, was es für deutsche Fiction auf RTL+ zu sehen gibt. Die fiktionalen Originals sind eine Säule unserer Strategie. Die Lizenzprodukte von anderen Partnern sind eine zweite. Und die erfolgreichsten deutschen Kinofilme, die wir über verschiedene Rahmenverträge erhalten, sind eine dritte Säule. …
Ein RTL+-Highlight 2024 war die aus dem schon erwähnten Storytellers-Programm hervorgegangene Serie „Angemessen Angry“, die groß bei der TeleVisionale abräumte. Wie bewerten Sie dieses Projekt?
Hauke Bartel: „Angemessen Angry“ ist für uns eine tolle Erfolgsgeschichte. Das gilt auch insgesamt für unsere Storytellers-Programm. Das ist unsere Nachwuchsinitiative, bei der wir einmal im Jahr eine Carte Blanche geben, um eine Serie direkt zu beauftragen, die den Macherinnen und Machern eine große kreative Freiheit anvertraut. Dementsprechend Außergewöhnliches kommt auf diesem Wege zurück. Mit einer Nachwuchsserie zwei Wochen nach dem Launch auf RTL+ direkt den Hauptpreis bei der TeleVisionale zu gewinnen, ist großartig. Mit einer RTL-Serie eine Nominierung für den Grimme-Preis zu bekommen, ist ebenso etwas, was nicht alle Tage vorkommt. Bei Storytellers haben wir dort jetzt eine Bilanz von zwei Nominierungen bei zwei Projekten. …
ANGEMESSEN ANGRY: © RTL / Mitch Stöhring; SOFTIES: © RTL / UFA / Christoph Assmann
Wie geht es bei Storytellers weiter?
Hauke Bartel: Unsere dritte Serie „Softies“ über drei junge Männer, die den immer komplexer werdenden Ansprüche an ihr Geschlecht gerecht werden wollen, ist bereits in der Postproduktion: ein starkes Format von den beiden jungen Autoren und Regisseuren Yves Guillaume und Jonathan Westphal. Und die vierte Storytellers-Serie ist auch schon in Vorbereitung: Die Romantic Comedy „Schwanzlos“, die in der Welt der Mermaiding-Begeisterten spielt. …
Der Storytellers-Wettbewerb arbeitete bislang bei der Förderung mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg zusammen, konnte jetzt aber mit dem neuen Partner der Film- und Medienstiftung NRW das Budget verdoppeln. Aus Ihrer Sicht ein logischer Schritt?
Hauke Bartel: Das Medienboard war tatsächlich nicht fester Projekt-Partner von Storytellers, sondern hat unsere ersten drei Projekte jeweils einzeln finanziell gefördert und großartig unterstützt. Mit der Film- und Medienstiftung NRW ist es uns jetzt gelungen, einen festen Storytellers-Partner zu finden, der die Initiative als solche und nicht Projekt-abhängig fördert. Damit gibt es nicht nur ein größeres Budget für die Projekte, sondern auch Planungssicherheit. …
Dass RTL+ dem ursprünglichen Paramount+-Original „Zeit Verbrechen“ eine neue Heimat geschenkt hat, wurde sehr positiv aufgenommen. Es ist allerdings ein recht spitzes Format. Wie fielen dort die Reaktionen auf der Plattform aus?
Hauke Bartel: Inhaltlich sehr positiv. Zuschauer, die aufgrund der grandiosen Kritikerstimmen auf unseren Streamingdienst gekommen sind, haben dann auch die besondere Serie bekommen, die sie erwartet haben. Damit ist „Zeit Verbrechen“ ein gutes Beispiel, wie man sich gewisse Publika neu erschließen kann. Das gilt ebenso für den „Pumuckl“, der uns auch Publikum gebracht hat, das vorher noch kein Abo abgeschlossen hatte. …
Bei RTL ist Stefan Raab hinzugekommen. Die NFL wurde für Deutschland eingekauft, es gibt teure Live-Fußball-Lizenzen. Ist in diesem Umfeld dann weniger Platz für spitzere Fiction-Formate wie zum Beispiel „Strafe“ oder „Zeit Verbrechen“?
Hauke Bartel: Sowohl „Zeit Verbrechen“, das auch aufgrund seiner Marke besser als „Strafe“ bei RTL+ performte, als auch unser Storytellers-Programm sind eindeutige Belege dafür, dass wir uns nach wie vor Innovationen leisten und mit einem großen Vertrauensvorschuss mit den besten Kreativen Deutschlands arbeiten wollen. Gleichzeitig sind wir in einer Zeit, in der je größer das Preisschild ist, desto konkreter auch die Fantasie sein muss, wie das Ganze ein wirtschaftlicher Erfolg wird. Einer der Gründe, warum am Markt gerade alle nach IPs suchen, ist, dass IPs diese Fantasie konkreter beflügeln. Wenn es schon die Fan-Community eines Pumuckl gibt und die für ein Projekt begeistert ist, ist es leichter, als wenn man eine Geschichte erzählt, die man dem Publikum erst einmal erklären muss. Nach wie vor lade ich aber jeden ein, mit seinen besonderen Stoffen zu uns zu kommen. Diese kreative Freiheit wollen wir uns erhalten. …
Linear war sehr gut nachzuvollziehen, wie erfolgreich „Neue Geschichten vom Pumuckl“ funktionierte: egal, ob er in der Erstausstrahlung bei RTL, bei Super RTL oder in weiteren Wiederholungen. Können Sie mir die Dimensionen andeuten, wie gut die Serie bei RTL+ funktionierte?
Hauke Bartel: Der „Pumuckl“ ist ein echtes Phänomen und hat für uns auch im Streaming extrem gut funktioniert. Je nachdem, welchen Berechnungszeitraum man ansetzt, ist der „Pumuckl“ ähnlich erfolgreich oder sogar erfolgreicher als „Sisi“ gewesen, wenn man es sich auf Staffelbasis anschaut. Das Besondere am „Pumuckl“ ist aber auch, dass es die langlebigste Fiction-Marke ist, die wir im Portfolio haben. Es kommen nach wie vor Neukunden, die durch gute Mundpropaganda von der Serie gehört haben und bei uns auf dem Streamingdienst landen. …
Zusätzlich zur zweiten Staffel kommt jetzt der Standalone-Kinofilm „Pumuckl und das große Missverständnis“ am 30. Oktober in die Kinos und anschließend exklusiv zu RTL+ und RTL.
PUMUCKL: © Constantin Film
Als weiteres kommendes Highlight haben Sie am gestrigen Mittwoch mit Ihren Partnern das „Heidi“-Serienprojekt verkündet.
Hauke Bartel: Wir werden gemeinsam mit dem Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) „Heidi“ auf die Bildschirme bringen. Mit dem Erfolg vom „Pumuckl“ haben wir tatsächlich Blut geleckt, was den Bereich Family Entertainment angeht, wobei „Heidi“ tendenziell für Familien mit ein wenig älteren Kindern und Jugendlichen gedacht ist. … Und Stichwort Partnerschaften: Es ist auch die erste Senderkooperation zwischen RTL und dem SRF.
Haben Sie weitere Neuigkeiten für SPOT?
Hauke Bartel: Kaum ein Abschied hat unseren RTL-Zuschauern so weh getan, wie der von Stefan Vollmer, als der vor vier Jahren den Dienst als „Der Lehrer“ quittierte. Umso mehr freue ich mich, dass in einer neuen Staffel die Frage beantwortet wird, wie es der natürlich wieder von Hendrik Duryn gespielten Figur so ergangen ist und ob er sein Glück finden wird. … Und Stichwort Verzahnung von linear und Streaming: Die neue Staffel von „Der Lehrer“ wird nicht nur bei RTL+, sondern auch bei RTL zu sehen sein.
DER LEHRER und CLUB DER ROTEN BÄNDER: © RTL
Hauke Bartel: Auch bei einem weiteren Projekt werden wir seit Jahren gefragt, wann es endlich Nachschub gibt. Und bald ist es so weit: Wir werden gemeinsam mit der Bantry Bay eine neue Generation vom „Club der roten Bänder“ erzählen. … VOX ist und bleibt der Sender für den Club.

Headerbild-Credit: RTL Deutschland / Boris Breuer

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