Wie Familien sich im Lockdown neu finden.
Für die Studie "@home -Lernen, Zanken, Kuscheln" tauchte die Ad Alliance tief in den Lockdown-Alltag der Familien ein. Für Eltern und ihre Kinder ist der Corona-Alltag nicht einfach, jeder Tag ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Die Tage sind nicht planbar, ständig braucht es Notfalllösungen – das führt zu Stress und die Familienmitglieder können sich kaum aus dem Weg gehen. Hinzu kommt, dass viele Kinder unter der Corona-Situation leiden. Die Eltern müssen sie daher immer wieder motivieren, animieren und "bei Laune halten" – das kann auslaugen. Zwar verändern sich manche Dinge zum Positiven, man hat mehr Flexibilität und mehr Zeit. Gerade die Kinder verspüren aber auch häufiger Langeweile.
Vor allem Mütter geraten in ein Dilemma, da Kinder ungewollt zu einem Konfliktfeld werden. Denn auf der einen Seite kann der Umgang mit ihnen anstrengend sein und es stört manchmal, wenn sie nicht "funktionieren". Auf der anderen Seite haben Mütter eben wegen dieser Gefühle immer wieder ein schlechtes Gewissen.
Trotzdem berichten viele Familien auch von Positivem. Familien finden (wieder) mehr zusammen ("Wir schaffen das") und nutzen die Zeit für gemeinsame Aktivitäten. Eltern und Kinder inspirieren sich gegenseitig und finden neue Hobbies.
ALLTAG ZWISCHEN GEWOHNTEM UND NEUEN STRUKTUREN
In der Befragung äußerten sich die Eltern über die wichtigsten Bestandteile des Alltags. Vieles dreht sich dabei um "Ernährung" im weitesten Sinn, da diese zentrale Funktionen im "New Normal", wie Belohnung, Versorgung etc., erfüllt und die Mahlzeiten Struktur in den Tagesablauf bringen. Kochen und Backen sind einerseits ein notwendiges Übel, andererseits gemeinsames Highlight und Hobby geworden. Auch Schule und Arbeit bringen (wenn auch viel Flexibilität gefordert ist) Struktur in den Corona-Alltag.
Nicht überraschend ist, dass der Spielplatz bzw. Garten eine große Bedeutung im Lockdown haben, da dort der Bewegungsdrang der Kinder ausgeglichen werden kann und sich Chancen für soziale Kontakte ergeben. Zuhause erleben Gesellschaftsspiele eine kleine Renaissance – sie geben ein Gefühl von "Qualitytime".
Zusammenfassend kristallisieren sich in Familien die folgenden Strategien im Umgang mit dem Corona-Alltag heraus:
- Im Gewohnten verharren – man macht einfach alles wie bisher. Eltern versuchen, so viel Normalität wie möglich zu erzeugen – das gibt Sicherheit und Halt.
- Neue Familie(n)-Strukturen leben – Familien finden neue Wege, ihren Alltag zu leben, so rücken Väter beispielsweise näher an die Kinder heran. Es entsteht ein positives, neues Familiengefühl.
- Dauerhafte Ausnahme – Beim Versuch, Langeweile und das schlechte Gewissen zu kompensieren, delegieren Eltern viel an Medien und brechen frühere Regeln (z.B. beim Konsum von Süßwaren).
Kontrolliert durchhalten – Eltern versuchen, die Familie zu "drillen", um zu verhindern, dass alles aus den Fugen gerät. Es wird mit Kontrolle, Verzicht und strengen Strukturen gearbeitet. Bewusste Ernährung und viel Sport gehören hier zum Corona-Alltag.
Ernährung als Hebel
Generell spielt die Ernährung eine wichtige Rolle im Pandemie-Alltag. Einerseits werden Kinder mit Süßigkeiten häufiger "belohnt" und „motiviert“. Sie dienen auch oftmals dazu, Harmonie wiederherzustellen und eine gute Stimmung zu erzeugen. Andererseits ist eine deutliche Veränderung in Richtung bewusster, gesunder Ernährung mit sehr viel Obst, Rohkost und neuen, bspw. veganen Produkten festzustellen. Insgesamt hat sich die Menge an verfügbaren Lebensmitteln in Haushalten vergrößert und auch die Auswahl – man möchte mehr Abwechslung für die Kinder schaffen.
Der Einkauf wird zum kleinen Urlaub für Mütter und Väter
Eltern berichten, dass sie nun häufiger in größere Einkaufsstätten fahren, um insgesamt mehr Auswahl zu haben. Es werden tendenziell weniger, aber dafür größere Einkäufe (und zwar ohne die Kinder) gemacht. Eltern nutzen diese Zeit, um "durchzuatmen". Kinder profitieren davon, dass beim Einkauf deutlich häufiger als früher Mitbringsel im Einkaufswagen landen, die sie beschäftigen (Malbücher, Zeitschriften, Guthaben für Gaming-Plattformen etc.), aber auch besänftigen sollen (Süßigkeiten).
Das ein oder andere soll aus der Corona-Zeit mitgenommen werden
Familien haben sich durch die Zeit im Lockdown verändert und manche dieser Änderungen werden die Pandemie überdauern. Viele Familien gehen bestärkt aus dieser Zeit hervor. Der engere Familien-Zusammenhalt soll erhalten bleiben, weswegen Mütter und Väter der Familie auch in Zukunft mehr Zeit einräumen wollen.
Auch die Freizeitgestaltung wurde durch die Lockdown-Phasen neu geprägt. Die selbstständige Beschäftigung der Kinder wurde immer selbstverständlicher, Eltern ließen viele Restriktionen im Umgang mit den Medien fallen.
Aber das enge Zusammenrücken in der Pandemie, oft begleitet vom beruflichen Improvisieren, hat auch die Familienmodelle flexibilisiert – insbesondere die Väter sind in vielen Familien jetzt viel enger in den familiären Alltag eingebunden.
Die Studie zeigt, dass die Familien vielfältige Strategien im Umgang mit den Corona-Herausforderungen entwickelt haben. Auf der Suche nach Alltagsstrukturen und gemeinsamen Beschäftigungen haben sowohl das Kochen als auch Spielen mit der ganzen Familie einen völlig neuen Stellenwert bekommen. Homeschooling und Homeoffice haben neue Skills hervorgebracht. Viele Entwicklungen aus dieser intensiven Zeit werden die Pandemie überdauern.